Schismatische Temperaturen
English: xenharmonic/Schismatic family
Einführungsartikel reguläre Temperaturen
Eine schismatische Temperatur ist dadurch definiert, dass sie das Schisma austemperiert. Dieses ist der Unterschied zwischen dem pythagoräischen und dem syntonischen Komma. Angesichts des Umstands, dass die beiden Kommas beinahe identisch sind (das Schisma ist weniger als 2 Cents gross), liegt die Idee der schismatischen Temperatur einigermassen nahe.
Generator ist, wie bei einer mitteltönigen Temperatur, eine Quinte, allerdings im Vergleich zu ersterer nur minimal temperiert (für möglichst reine Naturterzen leicht tiefer; möglich ist jedoch auch ganz rein oder minimal höher). Zwölf Quintenschritte führen oktavbereinigt zur Approximation eines syntonischen Kommas. Das Komma selbst wird in der Regel nicht austemperiert; dementsprechend werden reine grosse Terz und pythagoräische grosse Terz unterschieden. Die pythagoräische grosse Terz erreicht man gemäss pythagoräischem Standard durch Übereinanderschichten von 4 Quinten, die reine grosse Terz von dort aus 12 Quinten abwärts, also 8 Quintenschritte unterhalb der Prim. In Noten nach pythagoräscher Logik (die sich hier auf natürliche Weise anbietet) wird eine reine grosse Terz über dem C etwas gewöhnungsbedürftig als Fes (Fb) notiert.
Schismatische Temperaturen zeichnen sich aus durch hohe Reinheit der wichtigen Intervalle (Quinten und Terzen) mit der besonderen Eigenschaft, dass die grosse Terz sowohl in einer reinen wie in einer pythagoräischen Variante zur Verfügung steht. Sie benötigen andererseits in der Regel eine grössere Anzahl Töne. Ein gutes gleichstufiges System ist 53edo, dessen Grundintervall gerade zwischen syntonischem und pythagoräischem Komma liegt. Kleinere mögliche gleichstufige Systeme sind 41edo und 29edo (beide mit der Quinte etwas höher als rein). Die Standardstimmung 12edo kann als Grenzfall (wo sowohl pythagoräisches als auch syntonisches Komma mit der Prim zusammenfallen) ebenfalls dazugezählt werden.
Varianten
Völlig reine Naturterzen erhält man, wenn die Temperierung der Quinte ein Achtel des Schismas abwärts beträgt. Diese Temperatur, sozusagen "Achtelkomma-schismatisch" oder "achtelschismatisch", geht auf Hermann von Helmholtz und den norwegischen Komponisten Eivind Groven zurück. Es ist für sie deshalb auch der Name Helmholtz gebräuchlich.
Völlig reine Quinten ergeben von den Tonhöhen her die reine pythagoräische Stimmung - die man ebenfalls als mögliche Realisierung der schismatischen Temperatur (mit temperierten Naturterzen) ansehen kann.
Eine bekannte Variante auf dem vierdimensionalen 7-Limit-Intervallraum heisst Garibaldi, benannt nach Eduardo Sabat-Garibaldi (welcher ein Neuntelkomma-schismatisches System vorschlug), erhältlich durch zusätzliches Austemperieren des septimalen Kleismas (225/224). Dieses hat zur Folge, dass zwei reine grosse Terzen plus ein grosser Ganzton eine Naturseptime 7/4 bilden - in schismatischen Generatorschritten sind das 2*(-8)+2=-14. Bei der Garibaldi-Temperatur erreicht man die Naturseptime also durch oktavbereinigtes Schichten von 14 Quinten abwärts (oder 14 Quarten aufwärts).
Durch Verwendung von alternativen Kommas und/oder Hinzunahme von zusätzlichen Obertönen und Kommas ergeben sich weitere Varianten, siehe hierzu den Artikel im englischen Xenharmonic Wiki .